Der Club Alpbach Steiermark lud zu einem Diskussionsabend zum Thema Klimawandel und seinen Folgen in der Steiermark. Warum man Klimaschutz und Klimaanpassung nicht trennen kann und welche konkreten Maßnahmen getroffen werden (sollten).

An einem sonnigen Abend des 1. April lässt es sich nicht nur gut den ersten Spritzer im Freien konsumieren, sondern auch bestens über die klimatischen Veränderungen in und um Graz diskutieren. Das bewies der Club Alpbach Steiermark mit einer Veranstaltung im RESOWI-Gebäude am Campus der Universität Graz. Am Podium sprachen Andrea Gössinger-Wieser (Klimaschutzkoordinatorin des Landes Steiermark), Franz Prettenthaler (Leiter des Joanneum Research LIFE: Zentrum für Klima, Energie und Gesellschaft) sowie Mario Winkler (Leiter der Kommunikation der Österreichischen Hagelversicherung).

Alles steht im Verhältnis zueinander, alles beeinflusst sich, oder wie Alexander von Humboldt bereits im 18. Jahrhundert wusste: “Alles ist Wechselwirkung.” Mit diesem Verweis begrüßte Club-Vorsitzender Herwig Hösele die Gäste und übergab sogleich an den Moderator Michael Bobik. Jener hatte ein Requisit parat: Eine Karte von den USA, die zeigte, dass die Mehrheit der Bundesstaaten den Klimawandel leugne. Dass sich das Klima im Wandel befindet, das bezweifelte keiner der hier anwesenden Gäste. Die angebrachte Frage sei also viel mehr, was das Land Steiermark tun könne, um die Folgen dieses Wandels zu beherrschen.

Club-Vorsitzender Hösele begrüßt mit den Worten Alexander von Humboldts. (c) Manuel P. Neubauer

Das Land habe zur Bewältigung der Klimaanpassung fünf Clusterbereiche definiert, für die Strategien auf Gemeinde- und Landesebene entwickelt würden, berichtete Gössinger-Wieser (nachzulesen unter https://bit.ly/2WDM4gX). Die Realisierung dieser Lösungsansätze hänge stark von der Zusammenarbeit in der Landesregierung ab. Die Länge von Verfahren zu beispielsweise Hitzeschutzplänen oder Hochwasserschutzmaßnahmen sei nicht einfach zu bewältigen, aber mit Initiativen wie der kostenlosen Energieberatung für alle sei man auf dem richtigen Weg.

“Wissen tun wir’s schon lange”

Das größte Problem sieht die Klimaschutzkoordinatorin in der Vermittlung: Der Klimawandel würde noch immer nicht klar verstanden, obwohl er bei jedem einzelnen zu Hause statt fände. Mit ihren Demonstrationen wollen Schülerinnen und Schüler unter dem Slogan Fridays for Future diesem Informationsdefizit und der scheinbaren Paralyse der Politik entgegenwirken. Unter diesen Demonstrierenden befinden sich auch die Tochter Gössinger-Wiesers und der Sohn Prettenthalers, der zu den Mitorganisatoren in Graz zählt.

“Wissen tun wir’s ja schon lange, und wenn unsere Gesellschaft in der Pflichterfüllung vorbildlich wäre, dann hätten wir jetzt diese Streiks nichts,” so Prettenthaler. Er plädiert für die Untrennbarkeit von Klimaschutz und Klimaanpassung und für die Zielsetzung einer Zero-Carbon-Industry. Es fehle jedoch nach wie vor an der nötigen Systematik, um das Hin- und Herspiel zwischen Bürger, Wirtschaft und Politik in geregelte Bahnen zu lenken. Positiv betont Prettenthaler das Engagement der EU, die eine der wenigen Zusammenschlüsse sei, die einigermaßen mit dem Pariser Klimaabkommen von 2016 kompatibel seien.

Hotspot Steiermark

Die Steiermark sei für fast alle Wetterereignisse ein Hotspot in Österreich. Das mache sich vor allem in der Landwirtschaft bemerkbar, so Winkler. “Jeder der isst, ist auch Teil der Landwirtschaft”, gibt der Versicherungsexperte zu bedenken und verweist auf die schwerwiegenden Hagelschauer, die 2016 einen Rekord verzeichneten. Die Unwetterrisiken haben seit der Jahrtausendwende zugenommen, auch wenn Österreich noch immer zu den moderaten Gebieten zähle. “Österreich ist gut gewappnet,” wirft Prettenthaler ein, “die Frage ist aber, wo die Menschen hingehen, deren Länder unbewohnbar werden.” Ein hörbares Seufzen erfüllt den Seminarraum.

Winkler, Gössinger-Wieser, Bobik und Prettenthaler (v.l.n.r.). (c) Manuel P. Neubauer

Was also kann konkret getan werden, um nicht nur gut gewappnet, sondern vorbildlich und zukunftsweisend zu sein? Es wird das Schlagwort “Copenhagenization” genannt, die Dringlichkeit effizienter Gebäudesanierungen angesprochen, und es gäbe noch viel mehr, so Prettenthaler. Konkret klingt anders, baldige Umsetzung auch.

Dazu stellt der anwesende Stadtrat Günter Riegler eine weiterführende Frage: Brauchen wir Verzicht, wenn wir das Klima retten wollen? Gössinger-Wieser meint darauf ganz offen, Verzicht komme in der Politik nicht besonders gut an, es solle daher eher ein Umdenken hin zu Qualitätssteigerung gefordert werden. Dazu gehöre, dem fossilen Energieträger endlich den Preis zu geben, den er wirklich habe, um so einen Anreiz auf Umstieg zu schaffen. Wichtig sei auch eine nachhaltige Gestaltung der Raumordnung, ein solider und leistungsfähiger Verkehr sowie leistbares und nachhaltiges Wohnen, sind sich die Podiumsgäste einig. Dass das aber eine Jahrhundertaufgabe sei, gibt zu bedenken.

Ähnlichen Gedanken gingen die Anwesenden nach Abschluss der Fragerunde aus dem Publikum noch bei einem Buffet nach. Mit gefülltem Magen und einem Gläschen in der Hand wird man ja bekanntlich kreativer, und auf Qualität zu setzen ist doch angenehmer als zu verzichten.